Benachteiligung wegen des Geschlechts

Wie die verbotene Benachteiligung von Stellenbewerbern wegen des Geschlechts für den Arbeitgeber zum Bumerang werden kann: Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmer nicht wegen des Geschlechts benachteiligen. Dieses Verbot wird vielfach in seiner Bedeutung unterschätzt. Für den Arbeitgeber kann dies riskant sein. Wer als Arbeitgeber unzulässig formulierte Stellenanzeigen aufgibt, muss nämlich unter Umständen hohe Entschädigungen zahlen.

Von Andreas Buschmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Verbotene geschlechtsbezogene Benachteiligung

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei Maßnahmen und Vereinbarungen und nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Dies gilt insbesondere

  • bei der Einstellung und Begründung des Arbeitsverhältnisses,
  • wenn ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird,
  • bei allen Weisungen
  • beim beruflichen Aufstieg
  • einer Kündigung nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen.

Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn nämlich eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum Gegenstand hat und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese Tätigkeit ist.

Wann eine unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen im Arbeitsverhältnis ausnahmsweise erlaubt ist

In der arbeitsrechtlichen Praxis ist die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen allermeist verboten. Zulässig ist eine unterschiedliche Behandlung nur, wenn ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit ist (bereits: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.4.2000, 8 AZR 295/99). Diese Strenge entspricht der europarechtlichen Vorgabe, eine unterschiedliche Behandlung der Geschlechter nur zu erlauben, wenn ein bestimmtes Geschlecht eine “unabdingbare Voraussetzung” der beruflichen Tätigkeit ist (Art. 2 Abs. 2 der Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG vom 9. Februar 1976). Eine unterschiedliche Behandlung ist hiernach nur erlaubt, wenn die Art der Tätigkeit nicht von einem Angehörigen des anderen Geschlechts erbracht werden kann, also etwa bei Tänzern und Schauspielern die eine bestimmte Rolle; vgl. BAG 14.03.1989 EzA § 611 a BGB Nr. 4). Ein nachvollziehbarer sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung rechtfertigt keine geschlechtsbezogene Differenzierung (BAG 12.11.1998 EzA § 611 a BGB Nr. 14). Eine unverzichtbare Voraussetzung in diesem Sinne stellt erheblich höhere Anforderungen an das Gewicht des rechtfertigenden Umstandes als ein sachlicher Grund, denn das Geschlecht ist nur dann unverzichtbar, wenn ein Angehöriger des jeweils anderen Geschlechts die vertragsgemäße Leistung nicht erbringen könnte und dieses Unvermögen auf Gründen beruht, die ihrerseits der gesetzlichen Wertentscheidung der Gleichberechtigung beider Geschlechter genügen (Bundesarbeitsgericht 12.11.1998 – 8 AZR 365/97 – BAGE 90,170, zu B II 1 der Gründe).

Beispiele

In der arbeitsrechtlichen Praxis ist die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen allermeist verboten. Wer als Arbeitgeber nun glaubt, er könne aus bestimmten Sachgründen Stellen nur für ein Geschlecht ausschreiben (eingeschlechtlich), kann eine böse Überraschung erleben, wie folgende Beispiele illustrieren:

  • Beispiel 1 – schwere Arbeiten: Müssen an einem Arbeitsplatz schwere körperliche Arbeiten geleistet werden, z.B. gelegentliches Tragen von 50 kg-Säcken, darf die Stellenausschreibung sich noch lange nicht auf männliche Bewerber für den Knochenjob beschränken: Richtig betrachtet, muss das Einstellungskriterium die körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber sein – nicht die der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht, so wusste es das Landesarbeitsgericht Köln 8.11.2000 NZA-RR 2001, 232. Während dieses Beispiel noch einleuchtet, lassen die folgenden Fälle die Grenzen des erlaubten langsam aber deutlich verschwimmen:
  • Beispiel 2 – Frauenreferentin: Eine politische Partei schreibt die Stelle ihrer Frauenreferentin aus – gesucht: eine Frau. Das Landesarbeitsgericht Berlin (14.1.1998 NZA 1998, 312) sah sich allen Ernstes gezwungen, sich mit der Ausschreibung arbeitsrechtlich zu befassen und hielt die geschlechtsspezifische Ausschreibung der Stelle noch für gerade zulässig, weil Männern regelmäßig die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit Frauen aus feministischen Zusammenhängen fehle. Verbindungen zu solchen Gruppen aufzubauen, erfordere, die Stelle mit einer Frau zu besetzen. Der Arbeitgeber – die Partei – hatte hiermit schlicht Glück, wie das nächste Beispiel zeigt:
  • Beispiel 3 – Gleichstellungsbeauftragte: Das Bundesarbeitsgericht wusste es für die Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten besser als das Landesarbeitsgericht Berlin: Es klagte – natürlich – ein männlicher Bewerber. Das Ergebnis: Das weibliche Geschlecht sei keineswegs eine unverzichtbare Voraussetzung für die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten (Bundesarbeitsgericht vom 12.11.1998 – 8 AZR 365/97EzA § 611 a BGB Nr. 14).

Dem lässt sich aus meiner Sicht nichts hinzufügen. Oft ergeben sich arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen um inkorrekt formulierte Stellenanzeigen. Hat ein Arbeitgeber eine Stellenanzeige nicht ausdrücklich geschlechtsneutral für beide Geschlechter formuliert, sitzt er in der Falle: Mit gewisser Wahrscheinlichkeit sind muss er den abgelehnten Stellenbewerbern wegen der diskriminierenden Stellenanzeige eine Entschädigungen zahlen.