Schadensersatz wegen rechtswidriger Kündigung – BAG, 8 AZR 486/02

Schadensersatz für rechtswidrige Kündigung: Durch eine unberechtigte Kündigung verletzt der Arbeitgeber seine Pflichten kann zu Schadensersatz verpflichtet sein.

Von Andreas Buschmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht

BAG, Urteil vom 17.7.2003 – 8 AZR 486/02

Vorinstanz: LAG Sachsen-Anhalt, 13.06.2002 – 9 Sa 763/01

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Leitsätze

(Leitsätze formuliert von Rechtsanwalt Buschmann)

  1. Spricht der Arbeitgeber eine unberechtigte Kündigung aus, ist dies eine Vertragsverletzung (vgl. BAG 24. Oktober 1974 – 3 AZR 488/73 – AP BGB § 276 Vertragsverletzung Nr. 2 = EzA BGB § 276 Nr. 32; vgl. auch 23. August 1990 – 2 AZR 156/90 – DB 1991, 445).
  2. Der Arbeitgeber haftet wegen einer unberechtigten Kündigung auf Schadensersatz, wenn er die Unwirksamkeit der Kündigung bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und deshalb fahrlässig handelte (Senat 20. Juni 2002 – 8 AZR 488/01 – EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 11).
  3. Ist die Rechtslage nicht eindeutig und beruht der Ausspruch der Kündigung auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt, handelt der kündigende Arbeitgeber solange nicht fahrlässig, wie er auf die Wirksamkeit seiner Kündigung vertrauen durfte (BAG 13. Juli 2002 – 2 AZR 391/01 – AP BGB § 615 Nr. 97 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 55; Senat 22. März 2001 – 8 AZR 536/00 – EzBAT § 8 BAT Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers Nr. 31). Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit vertretbaren Gründen zu der Annahme gelangen durfte, die Kündigung werde sich als rechtsbeständig erweisen (BAG 13. Juni 2002 – 2 AZR 391/01 – AP BGB § 615 Nr. 97 = EzA KSchG § 15 n.F. Nr. 55, auch zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen; Senat 22. März 2001 – 8 AZR 536/00 – EzBAT § 8 BAT Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers Nr. 31).
  4. Spricht der Arbeitgeber eine unberechtigte Kündigung aus und führt dies zum Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses und zur Arbeitslosigkeit, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Ersatz des sozialrechtlichen Schaden verpflichtet sein, der unmittelbar durch die unberechtigte Kündigung verursacht ist.

Link zum Volltext

https://dejure.org/2003,2660

Anmerkung zum Urteil von Rechtsanwalt Buschmann:

Worum geht es?

Kann nach einer rechtswidrigen Kündigung Schadensersatz verlangt werden? Wenn ja: für welchen Schaden?

Das Bundesarbeitsgericht ist in anderen Entscheidungen der Meinung, dass ein Arbeitnehmer eins nicht tun kann: Die rechtswidrige Kündigung ohne Kündigungsschutzklage hinnehmen und stattdessen vom Arbeitgeber Schadensersatz verlangen, etwa den Ersatz von Verdienstausfall oder die Differenz zwischen der Vergütung beim bisherigen Arbeitgeber und bei dem neuen Arbeitgeber.

Das Bundesarbeitsgericht meinte in anderen Entscheidungen: Immer dann, wenn es darum geht, dass aufgrund einer rechtswidrigen Kündigung ein Erwerbsausfallschaden entsteht, muss der Arbeitnehmer sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzen. Der Schadensersatz für die rechtswidrige Kündigung wird in diesen Fällen Nicht in einem Geldbetrag gewährt sondern dadurch, dass das Arbeitsgericht durch Urteil verbindlich feststellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist.

Mit der hier besprochenen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht allerdings klargestellt, dass dies nicht immer gilt. Hier bestand die Pflichtverletzung des Arbeitgebers darin, die Kündigungsfrist falsch berechnet zu haben. Der zu ersetzende Schaden bestand in einem Leistungsnachteil beim Arbeitslosengeld, nicht darin, dass das Arbeitsverhältnis zukünftig dauerhaft wegfällt.

Schlussfolgerungen

Bei einer rechtswidrigen Kündigung sollte stets Anhand der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts überprüft werden, ob Schadensersatz denkbar ist.