Bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist grundsätzlich eine Kündigungsfrist einzuhalten. Von der Einhaltung einer Kündigungsfrist darf nur abgesehen werden, wenn – ausnahmsweise – eine außerordentliche fristlose Kündigung erlaubt ist.
Von Andreas Buschmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Übersicht
Schritt 1: Steht der Kündigung Kündigungsschutz entgegen?
Wer als Rechtsanwalt nach der Kündigungsfrist gefragt wird, muss regelmäßig einer Gegenfrage stellen: Ist die Kündigung denn überhaupt erlaubt? Arbeitnehmern steht nach deutschem Arbeitsrecht in häufig gesetzlicher Kündigungsschutz zu. Dem Arbeitgeber ist es dann häufig verboten, zu kündigen. Ist die Kündigung unzulässig, kann der Arbeitnehmer – statt „nur“ die Einhaltung der Kündigungsfrist zu verlangen – dann das weitergehende Anliegen geltend machen, etwa
- mit einen geeigneten Rechtsanwalt Kündigungsschutz (die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ) geltend machen oder
- per Rechtsanwalt eine Abfindung verlangen.
Schritt 2: Kündigung ausnahmsweise fristlos zulässig?
Ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich erlaubt, ist bei der Kündigung eine Kündigungsfrist einzuhalten – wenn nicht ausnahmsweise eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund erlaubt ist.
Schritt 3: Ermitteln der Kündigungsfrist
Welche Kündigungsfrist gilt, ist gelegentlich nicht ganz einfach zu ermitteln.
Arbeitsvertrag – Tarifvertrag – Gesetz
Neben gesetzlichen Vorschriften zur Kündigungsfrist finden sich Regelungen zur Kündigungsfrist in den meisten Arbeitsverträgen und in Tarifverträgen. Die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber kann länger sein, als die Kündigungsfrist, die der Arbeitnehmer bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu beachten hat. Regeln der Arbeitsvertrag und ein Tarifvertrag unterschiedlich lange Kündigungsfristen, dann gilt die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung.
Gesetzliche Kündigungsfrist
Die gesetzliche Kündigungsfrist für ein Arbeitsverhältnis beträgt gemäß § 622 BGB:
- Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden.
- Danach beträgt die Kündigungsfrist vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats (Grundkündigungsfrist).
- Diese Kündigungsfrist erhöht sich bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber, wenn das Arbeitsverhältnis
- zwei Jahre bestanden hat, auf einen Monat,
- bei fünf Jahren auf zwei Monate,
- bei acht Jahren auf drei Monate,
- bei 10 Jahren auf vier Monate,
- bei 12 Jahren auf fünf Monate,
- bei 15 Jahren auf sechs Monate und
- bei 20 Jahren auf sieben Monate.
Die verlängerten Kündigungsfristen enden jeweils zum Ende des Kalendermonats.
Nichtberücksichtigung der Zeiten vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung der Kündigungsfrist?
Die gesetzliche Regelung des § 622 Abs. 2 BGB sieht vor, dass bei der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers Zeiten vor dem 25. Lebensjahr des Arbeitnehmers nicht mitzählen sollen. Es ist umstritten, ob die Regelung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB mit europäischem Recht vereinbar ist. Es könnte sich um eine Diskriminierung wegen des Alters handeln. Die Landesarbeitsgerichte Schleswig-Holstein und Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.7.2007, 7 Sa 561/07) haben gemeint, es liege ein Verstoß gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung vor. Die Frage ist bei dem Bundesarbeitsgericht anhängig (Verfahren 2 AZR 714/08).
Tarifvertragliche Kündigungsfrist
Durch Tarifvertrag können längere – aber auch kürzere – Kündigungsfristen festgelegt werden. Die tariflichen Kündigungsfristen gelten aber nur dann, wenn
- Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils tarifgebunden sind
- oder der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist
- oder der Tarifvertrag bei dem Arbeitgeber in betrieblicher Übung ständig angewandt wird
- oder die Anwendung des der Tarifvertrags arbeitsvertraglich vereinbart ist. Es ist auch zulässig, nur die Kündigungsfristen des jeweiligen Tarifvertrages zwischen den nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu vereinbaren.
Arbeitsvertragliche Kündigungsfrist
Schließlich gilt, dass für den Arbeitnehmer eine arbeitsvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist der tariflichen Kündigungsfrist vorgeht, wenn die arbeitsvertragliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer günstiger ist.
Im Arbeitsvertrag können kürzere Kündigungsfristen als die Grundkündigungsfrist nur vereinbart werden,
- wenn der Arbeitnehmer nur zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist oder
- wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer (ohne Auszubildende) beschäftigt und die Kündigungsfrist 4 Wochen nicht unterschreitet.
In jedem Fall darf für die Kündigung durch den Arbeitnehmer keine längere Kündigungsfrist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der gesetzlichen Kündigungsfristen ist arbeitsvertraglich möglich.
Wenn geklärt ist, dass eine Kündigung mit bestimmter Kündigungsfrist ausgesprochen werden darf, stellt sich als nächstes die Frage, welche Formfehler bei der Kündigungzu vermeiden sind.